Verarbeitbare Kunststoffe im Rotationsverfahren

Grundsätzlich lassen sich im Rotationsschmelzverfahren verschiedene thermoplastische Kunststoffe verarbeiten. Der eingesetzte Rohstoff ist abhängig von der Endanwendung des Formteils und berücksichtigt neben der Temperaturbeständigkeit auch die chemische Beständigkeit und die mechanischen Eigenschaften.

Polyethylen - PE

Der am häufigsten eingesetzte Werkstoff im Rotationsverfahren ist das Polyethylen. Das Polyethylen (PE) lässt sich dabei in verschiedene Dichten unterteilen:

PE-LD       0,915         -        0,935 g/cm³
PE HD       0,940         -        0,970 g/cm³
PE-LLD     0,870         -        0,940 g/cm³

Je nach Anwendungsfall und gewünschtem Produkt können im Rotationsverfahren Materialien mit verschiedenen Dichten und Schmelzindices (MFI) angewendet werden. Zum Beispiel werden Materialien mit sehr hoher Dichte für die Herstellung von großen Behältern herangezogen. Für Sichtteile und Lampenkörper, bei welchen eine besonders attraktive Oberfläche gewünscht ist, werden Materialien mit einem besonders hohen Schmelzindex eingesetzt, da hier die Abformqualitäten des Formteils besonders hoch sind. Somit lassen sich auch Beschriftungen wie Skalen und Logos mit einem sehr hohen Detailgrad wiedergeben, was bei Materialien mit niedrigeren MFIs schwierig ist.

Polyethylen bietet den großen Vorteil, dass es ein breites Verarbeitungsfenster bietet und sehr gute Resistenzen bzgl. aggressiver Chemikalien besitzt. Weiterhin ist der Temperatureinsatzbereich für die hergestellten Formteile mit -20 °C bis  +60 °C relativ groß.

Häufige Einsatzbereiche sind:

-Lampenkörper
-Kajaks und Boote
-Behälter für den Chemikalieneinsatz
-Behälter für Schüttgüter

Vernetztes Polyethylen - Cross linke PE - X-PE

Durch die Beimischung verschiedener Additive (meist auf Peroxid Basis) findet während des Rotationsverfahrens ein chemischer Prozess statt, welcher die mechanischen Eigenschaften des Materials verändert. Bis zum Erreichen der Aktivierungstemperatur handelt es sich um ein Polyethylen mit einem hohen Schmelzindex und somit vergleichbar "schlechten" mechanischen Eigenschaften. Durch die Erreichung der Aktivierungstemperatur findet eine chemische Vernetzung des Materials statt, welches daraufhin die guten Schlagzähigkeits- und Temperaturbeständigkeitswerte erhält.  Der hohe Melt-Flow-Index (MFI) des Materials, am Anfang des Prozesses, erlaubt die Darstellung komplexer Konturen. Aufgrund der teilweise gegen Stahl aggressiven Additive empfehlen wir ausschließlich die Verwendung von Aluminium Formen. Die guten statischen Materialeigenschaften erlauben es, die Wandstärken des Formteils zu reduzieren, ohne die statischen Eigenschaften zu reduzieren, was den Einsatz des Materials bei gewichtskritischen Bauteilen bevorzugt.

Polypropylen - PP

Neben Polyethylen lässt sich auch Polypropylen im Rotationsverfahren sehr gut verarbeiten. Hierbei handelt es sich auch um ein Thermoplast, welches eine bessere thermische Beständigkeit im Vergleich zum Polyethylen hat. Die Belastbarkeit des Formteils kann bei bis zu 100 °C im oberen Bereich und bis -10 °C im unteren Bereich liegen, wobei die Schlagzähigkeit unter  0 °C stark abnimmt. Die Dichte liegt zwischen 0,895 g/cm³ und 0,92 g/cm³ und weist somit eine geringere Dichte auf als das oben vorgestellte Polyethylen. Die Anwendungen sind ähnlich zum Polyethylen, wobei je nach Anwendung häufig Wert auf die höhere Temperaturbeständigkeit gelegt wird. Diese bewirkt allerdings, dass die Verarbeitungstemperaturen und Zyklen im Rotationsprozess höher / länger sind, welches die Kosten für ein Polypropylen-Bauteil steigen lässt.

Polyvinylidenfluorid - PVDF

PVDF wird in der Industrie wegen seiner hervorragenden thermischen und chemischen Beständigkeit geschätzt und findet häufig Einsatz in speziellen Anwendungen, bei welchen die üblichen thermoplastischen Kunststoffe wie Polyethylen und Polypropylen an Ihre Grenzen kommen. Die Temperaturbeständigkeit liegt bei bis zu 140 °C und bietet somit neue Möglichkeiten, Metalle durch Kunststoffe zu ersetzen. Zusätzlich bietet das Material den großen Vorteil der Klassifizierung in der Brennbarkeitsklasse V0 (3mm UL94). Die hohen Schmelztemperaturen erhöhen die Zykluszeiten und Verarbeitungstemperaturen enorm und stellen erhöhte Anforderungen an den Verarbeiter. Zusätzlich liegen die Rohstoffkosten für PVDF bei einem Vielfachen von Polyethylen oder Polypropylen. Das Material hat eine erheblich höhere Dichte als die bisher vorgestellten Materialien von 1,71-1,78 g/cm³. Die Firma ARICON Kunststoffwerk ist in der Lage, durch ihre ausgezeichneten Anlagen und Prozesse auch diese High-Tech Werkstoffe zu verarbeiten.

Polyamid - PA

Neben den bereits erwähnten Werkstoffen bietet sich auch die Möglichkeit, Polyamid im Rotationsverfahren zu verarbeiten. Seine hervorragende chemische Beständigkeit gegenüber organischen Lösungsmitteln lässt sich zum Beispiel nutzen, um eine Sperrschicht gegenüber Kohlenwasserstoffen zu bilden. Dies kommt häufig in der Multilayer Produktion für Kraftstoffbehälter zum Tragen. Die hohe Steifigkeit und Lackierbarkeit bietet weitere Vorteile für die Anwendung im Sichtbereich. Polyamid bietet zusätzlich den Vorteil, dass die daraus hergestellten Formteile mit Temperaturen bis zu 140 °C ausgesetzt werden können. Durch die Erzeugung einer Multilayerstruktur ist es möglich, die positiven Eigenschaften von zum Beispiel Polyethylen mit den Eigenschaften von Polyamid zu kombinieren. Da das Polyamid die Eigenschaft hat, Wasser aufzunehmen (hygroskopisch), ist es erforderlich, das Material vor der Verarbeitung einem Trocknungsprozess zuzuführen. Die Folgen wären sonst optische Störbilder in der Materialoberfläche bis hin zu Sprödigkeit, wodurch das Formteil zerstört werden kann. Die Dichte des Polyamids liegt je nach Kristallinität und Ausführung (PA6 bis PA12) zwischen 1,01 g/cm³ und 1,235 g/cm³.

Polycarbonat - PC

Polycarbonate haben eine Sonderstellung im Rotationsbereich, da die Anwendungen sich rein auf Design und Sonderkonstruktionen beziehen. Die Verarbeitung ist aufgrund des geringen / nicht vorhandenen Schrumpfes im Rotationsverfahren nicht einfach und wird nur von wenigen Unternehmen angeboten. Das Material besitzt eine geringe Schlagzähigkeit und chemische Beständigkeit. Dafür hat Polycarbonat eine glasähnliche Licht Transmission und ist somit sehr transparent und besonders interessant für Design Applikationen. Durch die Beimischung von Pigmenten können verschiedene, sehr edle Effekte für Leuchtkörper oder Designobjekte erzielt werden. Polycarbonat erreicht auch nach der UL94 die Klassifizierung V0. Formteile aus Polycarbonat können bei bis zu Temperaturen von über 120 °C eingesetzt werden, was die Anforderungen an den Verarbeitungsprozess steigen lässt.

Häufig werden Polycarbonate bei der Herstellung von CDs, DVDs, Blu-rays, Brillengläsern und Helmvisieren eingesetzt.

Schäumendes Material

Durch die Verwendung von modifizierten Polyethylenen, welche mit Treibmittel versetzt wurden, kann der Kunststoff zur Schaumbildung im Prozess gebracht werden. Während des Rotationsprozesses wird das Material erhitzt und das Treibmittel aktiviert. Dieses lässt das Polyethylen schäumen und es dehnt sich um das 4 - 6 fache aus. Die dabei entstehende Struktur enthält sehr viele Lufteinschlüsse und bietet den Vorteil, bei geringem Gewicht ein großes Volumen und somit auch eine enorme Stabilität zu erzeugen. Die dabei entstehenden Blasen ziehen sich durch das gesamte Material, sind nicht komplett geschlossen und offen-porig. Aufgrund dieser negativen Eigenschaft des schäumenden Materials wird es häufig in Kombination mit konventionellen Materialien eingesetzt (siehe dazu Multilayer).

Die Einsatzzwecke sind unter anderem Bootsrümpfe für eine erhöhte Stabilität bei geringem Gewicht, Kühlboxen für einen reduzierten Wärmetransfer durch die Isolationsschicht und Designobjekte mit schallschluckenden Eigenschaften. Die Dichte des Materials liegt zwischen 0,15 g/cm³ und 0,31 g/cm³.

Elektrisch leitfähiges Material

Die Beimischung von Ruß reduziert den Oberflächenwiderstand der Kunststoffe und macht diesen zu einem gewissen Grad leitfähig. Bis zu 2,5 x  10^-5Ω/m². Nachdem dem Rohstoff der Ruß hinzugefügt wurde, wird das Material erneut extrudiert und zu Pulver verarbeitet. Dies garantiert die feste und dauerhafte Einbindung der Ruß-Pigmente im Rohstoff, womit dieser auch für den Lebensmittelbereich eingesetzt werden kann. Die hohe Ableitfähigkeit erlaubt es, Behälter und Sonderformteile auch in EX geschützten Bereichen einzusetzen. Bedingt durch den Ruß sind die Kunststoffe schwarz durchgefärbt und nicht mehr transluzent. Häufige Anwendungen sind EX geschützte Bereiche, in welchen eine Potenzialentladung zu einem Lichtbogen und einer Explosion führen können. Lebensmittel-Anwendungen mit zum Beispiel entzündlichen Medien wie Alkohol, aber auch Schüttgut-Behälter, in welchen Kunststoffgranulate gemischt oder eingefüllt werden, erfordern den Einsatz elektrisch leitfähigen Materials. Hier kann es durch die konstante Reibung des Kunststoffes zu einer Potenzialaufladung kommen, welche sich zum Beispiel durch einen Mitarbeiter entladen kann.

Flammhemmendes Material

Polyethylen und Polypropylen lässt sich mittels verschiedener Additiven auch als flammhemmendes Material nach UL94 herstellen.

Durch die Zugaben von Additiven sinkt die chemische Beständigkeit und auch die Schlagzähigkeit wird leicht reduziert. Dafür erreichen die Materialien nach UL94 die Klassifizierung V0 oder auch V2 und können zum Beispiel zur Herstellung von Design Produkten wie Lampenkörpern, Möbeln oder Mülleimern ohne Weiteres genutzt werden. Mithilfe dieses Materials ist es möglich, auch die Regularien für die Aufstellung von Produkten in öffentlichen Gebäuden zu erfüllen. Das Material ist in Natur-transparent oder auch in jeder gewünschten Farbe erhältlich. Die Dichte des Materials liegt bei 1,029 g/cm³ (PE) oder 1,1 g/cm³ (PP). 

Multilayer Herstellung

Wie bereits oben erwähnt, gibt es im Rotationsverfahren (wie auch im Blasverfahren) die Möglichkeit, einen Schichtaufbau durchzuführen.

Dies kann die folgenden Gründe haben:

  • Design
    Durch die Verarbeitung von zwei verschiedenen Farben kann die Außenkontur eines Formteils (zum Beispiel einer Vase) weiß sein und die Innenseite in einem kräftigen Rot erzeugt werden. Dies hat den Vorteil, dass ein nachträgliches Lackieren der Oberfläche nicht notwendig ist und durch das durchgefärbte Material auch leichte Kratzer auf der Oberseite kaschiert werden können.

  • Verbesserung der chemischen Eigenschaften
    Die Verwendung eines Materialmix kann die Verbesserung der chemischen Eigenschaften mit sich bringen. Wie bereits beim Polyamid erwähnt, lässt sich eine Außenschicht aus Polyamid erzeugen, welche dann durch eine Innenschicht aus Polyethylen unterstützt wird. Somit erhält das endgültige Formteil die Stabilität eines Polyethylen Teils mit den positiven chemischen Eigenschaften gegenüber Kohlenwasserstoffen für den Einsatz als Motorradtank.

  • Verbesserung der Stabilität
    Mithilfe von schäumendem Material lassen sich Hohlkörper im Rotationsverfahren erzeugen, welche eine sehr hohe Stabilität aufweisen, ohne das Gewicht eines Vollmaterialbauteils zu haben. Die Außenschicht des Körpers wird aus PE oder PP rotiert und bietet eine ansprechende geschlossene Oberfläche. Folgend darauf wird eine im Verhältnis dicke, aber auch sehr leichte, Schicht aus schäumendem PE gefertigt. Diese erhöht die Stabilität des Formteils, ohne das Gewicht drastisch zu erhöhen. Da die Innenfläche des Formteils durch die offenporige Oberfläche des Schaums nicht für jede Applikation verwendet werden kann, wird hier häufig ein Triple-Layer erstellt, bei welchem nach dem Schaum zusätzlich noch eine Vollmaterial-Schicht erzeugt wird. Das Ergebnis sind sehr robuste und leichte Formteile, wie zum Beispiel Kajaks oder auch Formkörper mit isolierenden Eigenschaften, wie zum Beispiel Kühlboxen.

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